Die TG Sandhausen hat in ihren Reihen zwei Brüder mit der gleichen Leidenschaft....klar, Basketball! Das soll ja öfter vorkommen! Aber in diesem Fall steht nicht das selbst Spielen im Vordergrund, sondern das Leiten....beide sind Schiedsrichter aus Passion! Und zwei sehr gute obendrein! Da mussten wir einfach mal nachfragen....
Red.: Moritz, ich habe mich dabei ertappt, dass ich immer, wenn im Fernsehen ein Basketballspiel übertragen wird, zuerst schaue, wer pfeift, und erst dann, wer eigentlich gegeneinander spielt! Seltsame Angewohnheit, oder? Aber eigentlich auch kein Wunder, denn die TG hat vier Bundesliga-Schiedsrichter! Und Du bist einer der besten, die es derzeit in Deutschland gibt! Wie bist Du eigentlich dazu gekommen?
Moritz: Mit dem Pfeifen angefangen habe ich ungefähr mit 14, meine erste Lizenz (damals D-Lizenz) habe ich mit ca. 15 Jahren gemacht (1997). Zunächst einmal stand natürlich das Spielen im Vordergrund. Das änderte sich dann und ich legte meine Priorität auf das Pfeifen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits in der Regionalliga. In Frühjahr 2002 durfte ich dann als Schiedsrichter zur Sichtung auf das Bundesjugendlager in Heidelberg. Dort bin ich für den Perspektivkader des DBB ausgewählt worden und durfte somit in der Saison 2002/2003 in der 2. Bundesliga Herren sowie beide DBBL-Ligen pfeifen. Nach dieser Saison bin ich in den A-Kader des DBB (BBL-SR) berufen worden. Mein erstes BBL-Spiel habe ich am 19.10.2003 in Köln gemacht (Köln vs Hagen). Meine internationale Lizenz habe ich in 2007 in Kroatien bestanden.
Red.: Stimmt – Du bist der erste FIBA-Schiedsrichter, den die TG je hatte! Und kommst demnach auch jede Menge herum!
Jonas, wie war das denn bei Dir?
Jonas: Angefangen habe ich mit dem Schiedsrichter im Jahr 2002 im Alter von 14 Jahren mit der D-Lizenz. Anschließend habe ich überwiegend Jugendspiele hier in Sandhausen gepfiffen und vereinzelt Seniorenspiele. Anfang 2005 habe ich dann meine C-Lizenz gemacht und da es bei mir dann schon eine andere Struktur im Schiedsrichterwesen gab, war die C-Lizenz (und ist sie auch noch heute) die höchste Lizenz, die man in Deutschland erreichen kann. Man darf damit (theoretisch) alle deutschen Ligen pfeifen. Im gleichen Jahr bin ich dann in die Oberliga aufgestiegen und habe dort meine ersten Erfahrungen gesammelt. Diese Saison verbrachte ich in der Oberliga Baden, pfiff meistens mit Kollegen, die in der Nähe wohnten, da ich damals noch keinen Führerschein hatte. In der Saison 2006/07 kam dann der Aufstieg in die 2.RLH und die Saison darauf direkt der Aufstieg in die 1.RLH und erste Spiele in der 2.DBBL. In diesem Jahr wurde ich dann zum Bundesfinale von Jugend trainiert für Olympia nach Berlin eingeladen. Dies geschah eigentlich nur zufällig, da ein anderer Schiedsrichter abgesagt hatte. Doch diese Einladung sollte mir einige Türen öffnen. Ich bekam in Berlin ein Finalspiel (Wettkampf 3 Jungen) und das war mit der Einladung zum Bundesjugendlager in Heidelberg im gleichen Jahr verbunden. Dort hinterließ ich scheinbar einen guten Eindruck, so dass ich für die nächste Saison in den neu gegründeten EVA-C Kader eingeladen wurde. Das Evaluationsprogramm versucht junge Schiedsrichter, die Potential haben, durch gezielte Coaching- und Fortbildungsmaßnahmen weiterzubringen. Ich pfiff die Saison 2008/2009 in der neu gegründeten PRO B (ehemals 2. Liga Herren), gehörte also dem DBB C-Kader an (Einsätze in der PRO B, 2.DBBL und ab und zu 1.DBBL).
In der Saison 2009/2010 stieg ich dann in den EVA-B Kader auf, bedeutet ich war nun fest in der PRO B und sollte einige Testspiele in der PRO A und der 1.DBBL pfeifen. Es sollte sich doch schnell zeigen, dass aus den „Testspielen“ viele und regelmäßige Einsätze in der PRO A wurden. Das war auch die Saison, vor der ich die mit der PRO A verbundene 3-Mann Technik lernte.
In der aktuellen Saison 2010/11 bin ich nun fester Bestandteil in der PRO A und hoffe, dass es bald weiter mit meinem Aufstieg geht…
Red: Diese Sichtungen und Beurteilungen haben es sicher ganz schön in sich. Damit muss man ja auch mental umgehen können und vor allem die entsprechenden Charaktereigenschaften mitbringen, um es als Schiedsrichter so weit nach oben zu schaffen. Gibt es eigentlich Spiele, die Euch nachhaltig in Erinnerung geblieben sind?
Moritz: An besondere Spiele kann ich mich natürlich genau erinnern. International waren das sicherlich die Teilnahme an der U17-WM in Hamburg dieses Jahr (Einsätze im Viertel- und Halbfinale) sowie die Nominierung für das Final Four der Euroleague Women in Valencia diesen Mai (Einsätze im Halbfinale und Finale). Auch die Berufung in den Kader der Euroleague diesen Sommer kann als "Besonders" eingestuft werden. Immerhin gehöre ich damit zu den besten 100 Schiedsrichtern in Europa. In 2008 habe ich weiterhin das AST bestritten und durfte dort im Finale auf das Feld.
Jonas: Gut in Erinnerung habe ich noch die Saison 2009/10, in der ich sowohl beim DBBL Top Four in Saarlouis, als auch beim 3. Finalspiel der Meisterschaft zwischen Saarlouis und Wasserburg zum Einsatz kam.In der PRO B bleiben mir die letztjährigen Spitzenspiele zwischen Herten und Rhöndorf und zwischen Würzburg und Rhöndorf (in der ausverkauften S.Oliver Arena) in Erinnerung.
Dieses Jahr gehört zu den beeindruckendsten Spielen mein im Oktober gepfiffenes Spiel des Star-Ensembles des FC Bayern München gegen Hannover in der ausverkauften Eissporthalle des Olympiazentrums.
Red.: Wow, beeindruckend! Moritz, Du hast ja auch mal ein Freundschaftsspiel unserer Nationalmannschaft in Mannheim geleitet, ich glaube, das war gegen China, oder? Wir sind da schon sehr stolz auf Dich! Bloß leider werden solche Spiele einfach zu selten übertragen! Gab’s auch national Highlights für Dich?
Moritz: National wurde ich in 3 Saisons für die Playoffs nominiert (3 Finalspiele). Herauszuheben sind 2 Spiele in der vergangenen Saison. Das 5. Spiel im Viertelfinale Göttingen vs Bremerhaven und das 5. Spiel im Finale zwischen Bamberg und Frankfurt.
Insgesamt habe ich nach Ende der Saison 2009/2010 206 BBL und 58 internationale Spiele geleitet.
Red.: Also ich würde mir diese Aufgabe nicht zutrauen! Mir reicht’s schon, wenn ich im Training mal pfeifen muss! Das ist eine Berufung und es muss einem auch liegen, in Konfliktsituationen einzugreifen und auszugleichen. Hut ab, Ihr beiden, und auch weiterhin immer den richtigen Pfiff!
Anm.:
BBL=Basketball Bundesliga, DBBL=Damen-Basketball Bundesliga, DBB=Deutscher Basketball Bund, AST=Albert-Schweitzer-Turnier
RLH=Regionalliga Herren